Über Sneppy und Snoopy, gute Suppe und schwimmende Hasen
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In der Nähe des Lake Tahoe in den USA wird versucht einen Waldbrand mit Schneekanonen zu bekämpfen und ein Bild davon wird zu einem viral geteilten Symbol der Klimakatastrophe, wie es in diesem Jahr bereits einige gab. Der Wahlkampf schreitet weiter vorwärts und damit einhergehend auch die Frequenz an Politiktweets und Memes und Tweets mit den Resultaten des Wahl-O-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung. Nachdem ich aber bereits in der letzten Woche über den Bundestagswahlkampf in Memes geschrieben und gesprochen habe, werde ich mich in dieser Woche auf andere Themen konzentrieren.
1.
Manche Twitter-Accounts wachsen mit einer bestimmten Posting-Strategie binnen weniger Monate zu großer Reichweite heran. Der Account @KnockBrandsist beispielsweise erst im Juli 2021 etabliert worden, hat aber bereits über 112.000 Follower*innen. Entscheidend für den Erfolg solcher Accounts ist das anhaltende Recycling von viralem Content aus verschiedenen Internet-Foren.
Der obengenannte Account hat beispielsweise einen eigenen Subreddit angelegt, der selbst eine Kopie eines anderen Subreddits (r/CrappyOffBrands) ist, der mit eben diesem Konzept bereits erfolgreich knapp eine Million Mitglieder hat. Erfolgreicher Bild-Content von einer Plattform wird so erfolgreich auf die nächste Plattform verschoben und es ist kein Wunder, dass viele Accounts auf Twitter mit Variationen dieses Kreislaufes erfolgreich sind.
Es gibt verschiedenste Illustrationen dieser Verwertungsketten originaler Inhalte, ich teile hier eine mit euch, die sich an den Film “The Human Centipede” anlehnt (eklig, ich weiß). Über das Phänomen der Bewegung von Content durch die verschiedenen Plattformen habe ich übrigens bereits in diesem Newsletter geschrieben. Interessant ist es manchmal, zu schauen, wo der Content, der dann auf unterschiedlichsten Plattformen viral geteilt wird, seinen Ursprung hat.
Der zweiterfolgreichste Tweet von @KnockBrands wurde am 1. September 2021 abgesetzt und hat über 130.000 Favs bekommen. Er zeigt das Bild einer an Snoopy angelehnten Hundefigur mit Namen Sneppy. Die Verpackung wurde von Jeff Wysaski, dem Künstler hinter dem Projekt “Obvious Plant” gestaltet. Einem Projekt, mit dem er seit 2015 verschiedenste Fakes, von Flyern bis zu Produkten, herstellt und das auf verschiedenen Plattformen sehr erfolgreich ist. Der Twitter-Account des Kunstprojektes existiert bereits seit 2011. Am 1. September tweetete der Account einen Tweet mit der Sneppy-Figur, der aktuell über 70.000 Favs hat. Das Bild wurde nur knapp eine Stunde später von dem @KnockBrands-Account kopiert, dessen Tweet sich dann noch weiter verbreitete.
Ich vermute irgendwo in dieser Anekdote stecken noch mehr Anregungen zum Thema Copyright im Internet, Medienkompetenz und KnockOffs. Zumindest ist es wohl eine erstaunlich erfolgreiche Strategie mit den kreativen Inhalten von anderen User*innen oder anderen Plattformen große Accounts aufzubauen. Obvious Plant hat übrigens gerade eine Reihe neuer Sneppy T-Shirts in seinem Store, eines der Designs habe ich oben eingefügt. Und hier ist noch ein weiteres Beispiel für die Arbeit des Kunstprojekts:
2.
Ich freue mich immer über Screenshots von etwas, das ich spontan Timeline Serendipity nennen würde, wenn also zwei zufällig aufeinander folgende Tweets sich so ergänzen, dass ein komischer Effekt oder ein anderer Bedeutungsmehrwert entsteht. Für mich sind diese Momente ein besonders deutlicher Hinweis auf den dynamischen Kontext der Plattform, in dem alle Posts erscheinen.
Diese Form von Zufallsschönheit funktioniert auch auf anderen Plattformen, wenn beispielsweise zwei Instagram-Posts übereinander stehen, die besonders gut zu einander passen. Nur auf Twitter lässt sie sich jedoch in Screenshots einfangen und unter einen oder beide der beteiligten Tweets kommentieren.
3.
Suppe ist ein Social Media Powerhouse. Das klingt nun zwar wie ein Powerpoint-Spruch auf der Marketingsitzung eines Lebensmittelkonzerns, ist aber nicht ganz falsch. Vielleicht hat schonmal ein Food-Journalist einen längeren Texte darüber geschrieben, warum Suppenrezepte sich so gut teilen und Bilder von Suppen und Eintöpfen beispielsweise auf Pinterest überall sind? Ich wollte eigentlich mit diesen allgemeinen Suppengedanken nur zum “Good Soup”-Meme überleiten.
Auf Tiktok geht es schon seit einigen Wochen um gute Suppe. Der “Good Soup”-Trend basiert laut KnowYourMeme auf einem Video mit einem Ausschnitt aus der Fernsehserie Girls, in dem Adam Driver in einem Diner einen Löffel Suppe ist, dann ein Ok-Zeichen mit den Fingern macht und “Good Soup” sagt. Der Ausschnitt aus der Szene wurde Anfang August hochgeladen. Auf TikTok begann der Trend dann knapp zwei Wochen später, als der Clip Mitte August auch dort geteilt wurde. Seitdem werden Videos porduziert, in denen die Aufnahmen mit der Soundspur des Adam Driver Clips verbunden werden. Dabei wird besonders das Bedeutungsfeld “Suppe” sehr weit ausgereizt. Der Humor liegt bei zahlreichen Videos nämlich auch darin, Dinge als “Good Soup” zu bezeichnen, die nur recht wenig mit Suppe zu tun haben: Tränen, das Duschwasser aus den Haaren, der Rest Wasser in der Zahnbürste, Wasser mit Gras in einem Plastikeimer.
Auf Twitter ist der Trend übrigens mittlerweile auch angekommen und wird bereits von den ersten Marken verwendet:
Immer wieder wird ein berührender Screenshot von einem alten Reddit-Post viral geteilt, in dem jemand davon berichtet, wie unglaublich glücklich es ihn gemacht hat, dass seine Freundin ihm die Haare wusch. Besonders schön ist an diesem Fall, dass das Paar auch lange nach dem Post noch zusammen ist. In der letzten Woche habe ich außerdem gelernt, wie witzig Hasenfüße beim Schwimmen aussehen.
In der Timeline zirkulierte wieder einmal ein gutes Video, bei dem Aufnahmen von einer Presse, die bunte Gegenstände zerquetscht, tänzerisch umgesetzt wurden – ich würde glaube ich einen ganzen Abend mit so einem Tanztheater anschauen: #hydraulicdance. Smac McCreanor hat auch eine TikTok-Serie (#LyricsVsBeats), in der sie einmal zu den Lyrics und einmal zu Beat / Musik eines Songs tanzt. Ist Tanz vielleicht die ästhetische Ausdrucksform der Gegenwart? Zumindest bei TikTok denke ich das häufig.
Am 6. September 1997 wurde Lady Di beerdigt, die am 31. August tödlich verunfallt war. In der Woche um dieses Datum tauchen regelmäßig thematisch passende Tweets zum Thema auf. In diesem Jahr fand ich einen Tweet mit einem Videotape der Beerdigung als Relikt einer vergangenen Zeit besonders interessant und diesen Tweet, mit einer schier unglaublichen Pressekorrektur. In den Kommentaren zum Tweet finden sich tatsächlich auch noch mehr erstaunliche Beispiele lustiger Korrekturen.
Mit diesem Foto eines künstlerisch tätigen Erpels wünsche ich euch nun einen schönen Sonntag und eine gute nächste Woche. Wie immer danke ich für all die freundlichen Nachrichten! Wenn euch dieser Newsletter gefällt oder ihr Menschen kennt, die sich ebenfalls über eine sonntägliche eMail freuen würden, dann bin ich euch wie immer sehr für Weiterempfehlungen dankbar. Für den Rest der Woche findet ihr mich auf Twitter und auf Instagram.