Über Larissa und Jonas, Cliparts und Grönlandhaie
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In der letzten Woche erschien wieder ein Podcast im Kontext der Kooperation von Lakonisch Elegant und 54books. Dieses Mal haben Christine Watty, Elisa Aseva und ich über neue und nicht mehr ganz so neue Literaturformen im Internet gesprochen, über Plattformen, Ökonomisches, Bots und auch kurz über diesen Newsletter. Herzlich Willkommen demnach an all die neuen Menschen, die daraufhin diesen Newsletter abonniert haben. In dieser Woche geht es unter anderen um fiktive Figurenkonstellationen in Tweets und um die Geschichten, die damit erzählt werden.
1.
Ich habe in diesem Newsletter von Anfang an immer wieder auch über Politiker*innen-Memes geschrieben. Im Archiv finden sich also zahlreiche Beispiele für verschiedene Politiker*innenmemes aus dem letzten Jahr. Gerade sind Politikmemes durch den Wahlkampf in Deutschland besonders häufig. Dabei sind Memes als Faktor in Wahlkämpfen nicht neu. In diesem Bundestagswahlkampf habe ich jedoch den Eindruck, dass sie offensiver genutzt werden, immer mehr auftauchen und auch die Parteien selbst damit anfangen Material zu produzieren, das sich für Memes eignet. In der letzten Woche war das beispielsweise der Cringe-Wahlwerbespot der Grünen.
In dem Clip singen verschiedene Menschen ein umgedichtetes “Kein schöner Land” und die geballte Reaktion in den sozialen Medien lässt sich vermutlich am besten als gigantischer Cringe bezeichnen, also das unfreiwillige Zusammenzucken vor Fremdscham, angesichts des Clips. Wahlkampfstrategisch ist der Spot sicher trotzdem als Erfolg zu werten, immerhin haben die Memes für große Resonanz gesorgt. Eine interessante Zielgruppenanalyse des Clips hat übrigens @derkutter auf Twitter gemacht:
Am Samstag habe ich in der Sendung Breitband über Memes im Bundestagswahlkampf gesprochen, und mir dort auch noch mehr Gedanken machen können, wie und ob Memes durch die Parteien selbst bewusst eingesetzt werden können.
2.
Seit einer Weile trifft man auf Twitter immer wieder auf Larissa und Jonas, manchmal auch auf Tessa, Alex, Matthias, Roland, Jule und andere fiktive Figuren, die als Pars pro Toto für ein bestimmtes Milieu stehen, dessen Lebensrealität in prägnanten Dialogen abgebildet wird.
Die Geschichte von Larissa und Jonas nahm in der aktuellen Form ihren Ausgang in Tweets von Peter Hintz und Isabella Caldart.
Mittlerweile finden sich die fiktiven Figuren und ihre Freunde auch bei zahlreichen anderen Accounts. Schon vor einigen Jahren machten ürbigens die zwei Namen – Larissa und Jonas – ihren ersten Twitterauftritt: als talentierte Jongleur-Azubis einer Bank (2013) und kichernd im Badezimmer (2016). Das Pattern begann in der aktuellen Form jedoch erst in diesem Sommer.
Stilistisch wirken die Erlebnisse von Larissa und Jonas und ihren Freunden wie die Belegschaft eines Leif Randt Romans – ein Intertext, der auf Twitter auch sehr rasch festgestellt wurde:
Das Muster verbreitet sich weiter, ist aber aufgrund der vielen hinzukommenden Namen, die die Suchfunktion überfordern, nur recht schwer zu archivieren und linear nachzuvollziehen. Stattdessen lebt das Auftauchen von Larissa, Jonas und ihren Freunden in der Timeline also von der Liveness der Rezeption und dem fragmentarischen Aufblitzen ähnlicher Tweetmuster.
3.
Die Zeitreise dieser Woche wird vom @Clipart1994bot präsentiert, der jede Stunde eins von 10.000 Cliparts aus dem Jahr 1994 teilt. (Einige dieser Cliparts sind leider sehr schlecht gealtert und deswegen kommt der Account mit einem Warnhinweis, dass manche Cliparts beleidigende Stereotype enthalten können.)
Es gab in der letzten Woche einen guten Tweet zu den Filmplakaten der Marvel Filme, typische Wortspiele zum Internationalen Tag des Hundes (den Tag gibt es wirklich, ich habe nachgeschaut) und einen guten Katzen-Jazz-Tweet.
Immer wieder schwimmt der Grönland-Hai als ältestes Lebewesen durch die Timeline und ich freue mich immer ihn da zu treffen und nicht nur im isländischen Kühlregal, denn ein Teil des Hai-Beifangs aus der Fischerei wird auf Island zu Hákarl verarbeitet und im Supermarkt verkauft.
Ich danke euch für all die guten Hinweise und freundlichen Nachrichten in der letzten Woche. Wenn ihr diesen Newsletter gerne regelmäßig lest und ihr Menschen kennt, die sich ebenfalls über eine sonntägliche eMail von mir freuen würden, dann freue ich mich über Weiterempfehlungen. Für den Rest der Woche findet ihr mich auf Twitter und auf Instagram.